Von Oli Kraaz Für den SC Kriens bin ich so gefährlich wie eine Magendarm-Grippe für eine Senioren-Reisegruppe: Tauche ich an einem Heimspiel auf, kann es nach hinten losgehen. Daher halte mich als Zuschauer auch immer zurück, nicht dass die Mannschaft während des Spiels auf die Tribüne schaut und denkt: «Scheisse, der ist wieder da. Wir verlieren heute…»
Dass Elend mit den Niederlagen bei meiner Anwesenheit ist derart offensichtlich, dass mich meine Frau jeweils schon fragt: «Willst du wirklich gehen, jetzt wo es so gut läuft?» Vielleicht würde Kriens tatsächlich die Champions League gewinnen, wenn ich die nächsten 30 Jahren daheimbleiben würde – aber das kann es als Fan ja auch nicht sein, oder?
Dann tauchte ich zum Spiel gegen Bulle also trotzdem auf. Kollege Schudel, der auch ein sicherer Heimpleite-Garant ist, fehlte präventiv. Er war als Hochzeits-DJ unterwegs. Für Kriens sicher ein Glück, ob es dem Brautpaar für die weitere Reise zu zweit hilft, ist eine andere Frage.
1:0 nach neun Minuten durch Joël Ris. Keine Gefahr. Dann 1:1. Dann 1:2 in der 52. Minute – mein Gott, nicht schon wieder.
… 2:2 Andi Ukmata! 2:3!!! Leandro Aversa, du bist Gott. Und dann wenige Minuten später – Abpfiff! Heimsieg, Spiel gedreht, oben an der Tabellenspitze festgenagelt. Vor allem aber: ich mittendrin.
Nach dem Spiel musste ich im «1944» erst mal runterkommen. Gut, das fünfte «El Tony» ist sicher nicht das ideale Beruhigungsmittel, aber immerhin. Als sich das Adrenalin langsam setze, starrten mich plötzlich ein Igel und ein Eichhörnchen mit starrem Killerblick an. Kurz befürchtete ich Wahnvorstellungen aufgrund einer Maté-Vergiftung, bis mir dämmerte, dass es die Herbstdeko im «1944» war.
Es lässt sich in der Tat darüber streiten, was Igel und Eichhörnchen in einer Fussball-Beiz machen. Ich war aber so dankbar über den Heimsieg, dass ich eine Zukunft als Fan im Kleinfeld habe, dass für mich auch ausgestopfte Giraffen okay gewesen wäre.
3:2 – das muss ich Schudel erzählen. Und ihn bitten, auch dem nächsten Heimspiel fernzubleiben. Offenbar stelle ich keine Gefahr mehr für meinen Verein dar.
Zum Spiel
Und es wurde die perfekte Fussballwoche. Drei Spiele, drei Siege. Gegen Bulle aber, brauchte es nochmals viel Leidenschaft und Leidenskraft.
Wir starteten dominant, hätten nach 15 Minuten gut zweinull führen können (müssen). Joël Ris brachte uns nach Vorrarbeit von Nico Siegrist in Führung und hätte Minuten später, als er im Strafraum frei zum Abschluss kam, gleich nachlegen können.
Danach flachte unser Offensivdrang etwas ab, wir standen zwar kompakt, liessen Bulle aber besser ins Spiel kommen. Die grossen Torchancen erspielten sich die Gäste (noch) nicht. Dazu brauchte es einen SCK in Unterzahl.
Stiljan Gegaj musst nach einem nicht geahndeten Foul verletzt raus, die Gäste nutzen diese Unterzahl und kamen nach einer Flanke von der rechten Seite (dort fehlte Stiljan) per Kopf zum Ausgleich.
Aufgrund des Spielverlaufs nicht unverdient. Es waren in der Folge dann primär die Gäste, die das Spiel machten, wir hatten vorerst etwas Mühe den Rhythmus wieder zu finden, das Spiel wieder an uns zu reissen.
Bulle erspielte sich nicht Chance um Chance, zeigte aber, weshalb sie weit oben in der Tabellen stehen. Das Team von Brian Weber brachte auch gegen uns eine gute Physis auf den Platz, hatte individuelle Qualität und die nötige Effizienz.
Esteban Petignat stellte nach 50 Minuten auf 2:1 für die Gäste. Ein Fehler im Aufbauspiel von uns, der Ball kam in den Strafraum wurde abgelegt und Petignat traf trocken in die lange Ecke.
Das Tor, es hatte sich nicht abgezeichnet, war allerdings auch nicht unverdient. Von uns musste wieder mehr kommen.
Und wir kämpften uns zurück in die Partie. Spielerisch wars nicht immer die ganz feine Klinge, aber die Jungs von Gianluca Frontino stemmten sich gegen die drohende und erste Heimniederlage der Saison.
Nach 70 Minuten eine Balleroberung im Mittelfeld, Rrezi Hoxha spitzelte die Kugel zu Nico Siegrist, der leitete im Fallen weiter in den Lauf von Andi Ukmata und Andi traf erneut. Wie schon gegen Vevey und in Rapperswil. Ausgleich.
Das Spiel, es wog nun auf und ab, war ausgeglichen und unterhaltsam. Intensiv, weil sich beide Teams nicht unbedingt mit einem Unentschieden abgeben wollten und weiter nach vorne spielten.
Es war 10 Minuten vor dem Ende einmal mehr an Nico Siegrist, die Entscheidung herbeizuführen. Nach 80 Minuten legte er die Kugel nach einem schönen Zuspiel von Julian Herrmann im Strafraum vors Tor und der soeben eingewechselte Leandro Aversa spitzelte sie ins Netz. Spiel gedreht. Führung.
Bulle warf nun alles nach vorne. Selbst Torhüter Gashi stürmte mit, aber wir brachten die knappe Führung über die Zeit und holten uns den dritten Sieg in dieser Fussballwoche. Grossartig. #comeonkriens
Bilder: Daniel Gehrig
Telegramm
SC Kriens vs. FC Bulle 3:2 (1:1)
Stadion Kleinfeld 715 Zuschauerinnen und Zuschauer
Tore: 9’ Ris 1:0, 28’ Petignat 1:1, 51’ Petignat 1:2, 70’ Ukmata 2:2, 81’ Aversa 3:2
SC Kriens: Hunn, Gegaj (30’ Hermann), Fäh, Heiniger, Harperink (60’ Hoxha), Kadima, Schwegler (78’ Facal), Siegrist, Riedmann (60’ Caserta), Ris (78’ Aversa), Ukmata
FC Bulle: Gashi, Wild, Mulliqi, Sumbula, Ombala, Mvele Abeng (84’ Rexhaj), Makoubé Ebongué, Bürgisser, Guerin (80’ Delley), Berger (70’ Mayi), Petignat (80’ Gasser)
Bemerkungen: SC Kriens ohne Wicht, Sliskovic, Willimann, Bender, Gubinelli (alle verletzt), Gabriel, Brügger, Erdin, Martin (nicht im Aufgebot).