Gil Lüber wohnt direkt neben dem Kleinfeld, sein Arbeitsplatz seit neun Monaten. Dass er beim SC Kriens als Stadionwart tätig ist, hat aber vor allem mit seiner Verlobten zu tun.
Einen klassischen Arbeitsplatz hat Gil Lüber nicht. Aber das ist ihm nur recht. Seinen Beruf übt er im Stadion des SC Kriens aus – auf mehreren hundert Quadratmetern. Die meisten Menschen, die ins Kleinfeld kommen, tun das in ihrer Freizeit. Gil Lüber arbeitet hier, ist mit Kees Roosenboom einer von zwei Stadionwarten. Gil wird eigentlich nicht Gil ausgesprochen, sondern Hil. Das G wird zum H. Klassisch ist bei ihm auch der Vorname nicht.
Das Kleinfeld ist omnipräsent in seinem Leben. «Es ist wie mein erweiterter Garten», lacht er. Betritt Gil zu Hause seinen Balkon, liegt ihm sein Arbeitsplatz zu Füssen. «Ich wohne nur wenige Minuten vom Stadion entfernt und blicke von meiner Wohnung direkt ins Stadion.» 90 Prozent beträgt sein Arbeitspensum beim SCK oder, 55 Stunden jede zweite Woche. Kein gewöhnlicher Rhythmus.
Die Unregelmässigkeit ist sich Gil von seinen vorherigen Arbeitgebern gewohnt. In der Ostschweiz hat er in seinem Schichtbetrieb gearbeitet, war Qualitätsfachmann bei einem international tätigen Industriebetrieb und kümmerte sich zusätzlich um die Ausbildung der Lernenden. «Die Abwechslung war mir schon wichtig. Ich kann nicht nur im Büro arbeiten, oder nur in der Produktionshalle. Das ist der Vorteil im Kleinfeld, die Tage sind manchmal lang, aber die Arbeit ist abwechslungsreich und vielseitig.»
Der Stadionwart im Kleinfeld mit über 100 Trainerinnen und Trainern, mit mehr als 650 Juniorinnen und Junioren ist ein vielgefragter Mann und oft erster Ansprechpartner für allerlei Wünsche und Probleme. Unterhaltsarbeiten, Reinigen, Kontrollgänge, Aufräumen, Organisieren. Es läuft immer etwas. «Es gibt schon auch Routinearbeiten, natürlich. Oft taucht aber aus heiterem Himmel Unvorhergesehenes auf. Andere würden sich über solche Kurzfristigkeiten vielleicht aufregen, ich finde sie bereichernd.»
Seit etwas mehr als einem halben Jahr tritt Gil seinen Dienst im Kleinfeld an. Heisst auch, der SCK-Stadionwart hat an seinem Arbeitsort noch nie ein Heimspiel mit mehr als 100 Menschen erlebt. «Das stimmt, ich kenne das Kleinfeld nicht anders. Ohne Gäste im Restaurant, ohne Fans an den Heimspielen.» Stadionwart war Gil Lüber vorher noch nie in seinem Leben.
Den Fussball aber kennt er seit er ein kleiner Junge ist. Als Siebenjähriger kam Gil von den Philippinen in die Schweiz, er wuchs mit zwei Geschwistern in Gossau auf, spielte dort Fussball und war im Leichtathletik-Verein. «Ich war ein sehr aktives Kind. Habe aber mehr Zeit auf dem Leichtathletikplatz verbracht als auf dem Fussballfeld.» Der Sport allgemein, so sagt er, sei ein stetiger Begleiter gewesen.
Beim FC Wil kam er dann Jahre später erneut in Berührung mit dem Fussball. Sein damaliger Arbeitgeber war Stadionsponsor beim Challenge Ligisten und Gil Lüber half hier und dort aus. «Ich habe in Wil gewohnt und stand immer mal wieder freiwillig beim FC Wil im Einsatz, vor allem im Sicherheitsbereich.» Der Einblick in diese professionelle und sympathisch handgestrickte Fussballwelt gefiel ihm.
Im vergangenen Herbst verliess Gil die Ostschweiz jedoch und zog in die Innerschweiz. Seine Verlobte wohnt in Kriens und das Paar entschied sich im letzten Jahr, die beiden getrennten Wohnungen zu einer gemeinsamen zusammenzulegen.
Gil packte seine Sachen, verliess das heimische Dorf und siedelte nach Kriens um. Er fand einen Job als System Manager bei der Swiss Steel in Luzern, allerdings nur für 60 Arbeitsprozent. Eine grosse Umstellung, zuvor war er stets 100-Prozent angestellt. «60 Prozent waren mir schnell zu wenig. Dann sah ich das Inserat des SC Kriens und meldet mich. Die handwerklichen Tätigkeiten kamen mir entgegen, dazu der kommunikative Aspekt in einem Umfeld, indem ich mich als Neuzuzüger aus der Ostschweiz wohlfühlte und neue Menschen kennenlernte. Das war mir wichtig.»
Gil kannte das Kleinfeld von seinen regelmässigen Jogging-Runden durchs Quartier bereits vor seiner Einstellung. Dazu hörte sich ein Fussballstadion als Arbeitsort in seinen Ohren sehr gut an. «Ich bin ein kommunikativer Mensch, einer der auf Leute zugeht, das kommt mir hier entgegen.»
Die Unregelmässigkeiten des Arbeitsplatzes teilt sich Gil mit seiner Verlobten. Sie arbeitet bei der Spitex und auch ihre Planungen entsprechen nicht den einer klassischen Fünftageswoche. «Wir beiden arbeiten oft an den Wochenenden, haben dafür aber unter der Woche frei, so passt es gut und wir haben dann frei, wenn die anderen Arbeiten.»
Das Klima im Stadion des SC Kriens sagt Gil, sei ungemein angenehm. «Ich bin sehr gut aufgenommen worden von den Menschen hier.» Selbstverständlich gehören auch Meinungsverschiedenheiten und engagierte Gespräche zu seinem Arbeitsalltag. Durchsetzungsvermögen ist gefragt. «Ich scheue diese Gespräche nicht. Als Stadionwart hat man die Verantwortung für den ganzen Verein, als Trainer zum Beispiel primär für seine Mannschaft. Da gibt es manchmal unterschiedliche Auffassungen. Jeder versucht für sich das herauszuholen, was möglich ist.»
Gil Lüber passt die Lebendigkeit des Kleinfelds und die damit geforderte Flexibilität. «Ich freue mich, dass hier wieder Normalbetrieb herrscht, dass die Leute zurückkommen, an die Spiele am Wochenende oder abends ins Restaurant. Ich mag es, wenn etwas läuft.»